Der Flächenumsatz auf dem Frankfurter Büromarkt hat laut blackolive im vierten Quartal 2021 unerwarteterweise mit 198.200 m² zu einem wirklich guten Jahresergebnis beigetragen. Bis zum Jahresende wurden im Marktgebiet, welches das Stadtgebiet Frankfurt, Eschborn und den Offenbacher Kaiserlei umfasst, durch 721 Abschlüsse rund 484.200 Quadratmeter umgesetzt. „Dazu trug unter anderem der Ende Dezember geschlossene Mietvertrag der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über rund 21.400 m² im Projekt Boersenplatz Eschborn bei, was zugleich auch der größte Mietvertrag des Jahres war“, sagt Kevin Nguyen, Head of Brokerage bei blackolive. Das entsprach einer Steigerung um rund 33 Prozent gegenüber dem Jahr 2020.
Starkes mittleres bis großes Flächensegment und Randlagen im Fokus
blackolive recherchiert, dass im mittleren Flächensegment in 2021 fast 50 Prozent mehr Fläche umgesetzt wurde als im Vorjahr. Auch im Bereich über 10.000 m² wurde rund 46 Prozent mehr Fläche umgesetzt, allerdings gab es keine Deals deutlich über 20.000 m². Die größten Profiteure des gestiegenen Flächenumsatzes waren Niederrad und mit Einschränkung der Bereich des Frankfurter Flughafens. In Niederrad versechsfachte sich der Umsatz gegenüber demselben Vorjahreszeitraum und erklomm mit leicht über 60.000 m² das Niveau des Jahres 2018. Am Flughafen trug der Eigennutzerabschluss von Siemens aus dem ersten Quartal maßgeblich zu dem guten Jahresendergebnis bei. Eschborn konnte nicht zuletzt durch den jüngst erfolgten Abschluss der BAFA sein hohes Vorjahresniveau halten.
Projekte sind bei Großanmietungen sehr gefragt. Die jeweils größten Abschlüsse der letzten drei Jahre wurden alle in Projekten, zweimal in Eschborn (BAFA, 2021, Samsung, 2020) und einmal in Niederrad (DekaBank, 2019), geschlossen. Rückgänge des Flächenumsatzes zwischen 25 und 35 Prozent mussten die Teillagen Bankenviertel, Frankfurt Nord, Frankfurt Ost II und der Offenbacher Kaiserlei hinnehmen. „Im Bankenviertel lag dies an der sehr guten Vermietungsleistung im FOUR im Jahr 2020, wo allein mit den Mietverträgen von Freshfields und der DekaBank mehr als 30.000 m² Fläche umgesetzt wurde, wohingegen der größte Deal im Teilmarkt in diesem Jahr gerade mal 8.000 m² betrug“, erklärt Nguyen. In den drei anderen genannten Teilmärkten war nach Auswertungen von blackolive in den letzten sechs Jahren ein sehr volatiler Flächenumsatz zu erkennen , 2021 schwächelte das mittlere Flächensegment in diesen Lagen deutlich. Im sogenannten Central Business District (CBD), zu dem die Teilmärkte Bankenviertel, Westend und City zählen, wurden aber trotzdem noch rund 30 Prozent des gesamten Flächenumsatzes erzielt.
Öffentliche Hand knapp vor Finanzdienstleistern
Stärkste Branche im Jahr 2021 war mit knapp 17 Prozent die öffentliche Hand, da in diesem Sektor mehrere großflächige Anmietungen getätigt wurden. Etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes, knapp 45.000 m², mieten die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) und die Landesbetriebe Bau und Immobilien Hessen (LBIH) für verschiedene öffentliche Einrichtungen, wie BAFA (s. o.) und das Gericht an, rund 10.800 m² gingen in zwei Tranchen an das Jobcenter im „Palazzo Fiorentino“ in Sachsenhausen über blackolive. Finanzdienstleister erreichten einen Anteil von 15 Prozent, unter anderen durch die Anmietung von 15.400 m² im „Atricom“ in Niederrad durch das Fintechunternehmen Worldline Germany GmbH.
Finanzdienstleister mieteten allerdings generell im historischen Vergleich viel weniger Fläche im CBD an, nur rund 27.500 m², dafür umso mehr in Backoffice-Standorten wie beispielsweise Niederrad, wo sie Mietverträge über fast 35.000 m² unterzeichneten. „Auch in Zukunft ist wohl nicht damit zu rechnen, dass Finanzdienstleister wieder die tragende Säule des Frankfurter Büromarkts sein werden, wenngleich sie in Frankfurt nach wie vor sehr wichtig sind. Aber die angestoßenen Tendenzen zu mehr Home-Office, Telearbeit und flexiblen Arbeitszeitmodellen werden mittelfristig wohl auch zu einem weiteren Büroflächenabbau in der Branche führen“, prognostiziert blackolive-Vermietungsleiter Nguyen. Beratungsunternehmen hatten einen Anteil von 13 Prozent am gesamten Flächenumsatz und waren mit 130 Mietverträgen nach Anzahl mit Abstand die stärkste Nachfragergruppe.
Durchschnittsmiete leicht rückläufig, Spitzenmiete leicht gestiegen
Nachdem die Durchschnittsmiete im Jahresverlauf sogar teilweise fast 23,00 €/m² erreichte, lag sie Ende 2021 bei 21,70 €/m² und damit um 0,20 €/m² unter dem Vorjahr. Dazu trugen insbesondere zum Jahresende hin die großvolumigen Abschlüsse in Bestandsgebäuden in Lagen außerhalb des CBD und in erster Linie in Niederrad mit Mietpreisen zu deutlich unter 20,00 €/m² bei. Die Spitzenmiete legte gegenüber dem Vorjahr um 0,50 €/m² zu und lag nach einem unterjährig sogar noch leicht höheren Stand Ende 2021 bei 45,50 €/m². Hier waren vor allem Abschlüsse in Premium-Objekten wie Marienturm und Omniturm verantwortlich. „Aufgrund der sich noch in der Pipeline befindlichen Top-Objekte im CBD wird die Spitzenmiete auch in Zukunft nicht absacken und auch für die Durchschnittsmiete sehen wir nicht allzu viel Spielraum nach unten“, sagt Nguyen.
Leerstand gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen
Ende 2020 lag die Leerstandsquote bei 7,3 %, 12 Monate später ist sie nach blackolive-Recherchen auf 9,1 % gestiegen und hat die 1 Millionen-Marke geknackt. Zu diesem Anstieg trug unter anderem auch die Ankündigung der Commerzbank bei, zwei von drei der von ihr belegten Gebäude in einer Größenordnung zwischen 30.000 m² und 40.000 m² räumen zu wollen. Dadurch ist der der Leerstand in der City West von 4,2 Prozent auf 11,6 Prozent - hier steht das „Cielo“ wieder zur Anmietung - und in Frankfurt West von 4,9 Prozent auf 9,7 Prozent gestiegen, wo die „Lateral Towers“ wieder auf den Markt gekommen sind.
Die gute Vermietungsleistung in Bestandsobjekten in Niederrad hat an diesem Standort zu einem Rückgang der Leerstandsquote von 12,1 Prozent auf 8,5 Prozent geführt. „Im CBD betrug die Leerstandsquote 5,6 Prozent und ist damit deutlich unter der des Gesamtmarktes“, ergänzt Nguyen. Ebenfalls rückläufig war der Leerstand im Teilmarkt City, wo mit 4,6 Prozent Ende 2021 auch die niedrigste Leerstandsquote innerhalb des Frankfurter Büromarkts zu konstatieren war. Die höchste Leerstandsquote wies der Teilmarkt Offenbach Kaiserlei mit 29,8 Prozent auf, wobei der Leerstand zu zwei Drittel aus zwei Gebäuden resultierte, dem „MainOffice“ und der Strahlenbergerstraße 45.
Fertigstellungen verschieben sich teilweise
Im Jahr 2021 wurden knapp 200.000 m² Fläche fertiggestellt, wovon noch 22 Prozent für eine Vermietung zur Verfügung stehen, davon der größte Anteil in dem im dritten Quartal fertiggestellten „Global Tower“ mit einer Gesamtgröße von knapp 30.000 m², wovon noch gut die Hälfte anmietbar ist. Im vierten Quartal 2021 wurde der 26.700 m² große „Senckenbergturm“ finalisiert, wovon noch knapp ein Drittel angemietet werden können. 2022 werden es voraussichtlich knapp 190.000 m² sein, wovon Stand heute noch rund 44 Prozent zur Anmietung stehen. Größere zusammenhängende Flächen befinden sich im „ONE“, am Rande des neuen Stadtteils Europaviertel und im „FLOW“ sowie im „Move Orange“ im neuen Stadtteil Gateway Gardens.
2023 und 2024 kommt nach heutiger Planung deutlich mehr Fläche auf den Markt, 250.000 m² (2023) beziehungsweise 370.000 m² (2024). Ein Teil davon befindet sich im Bau beziehungsweise in der Sanierung, ein größerer Teil wird erst nach ausreichender Vorvermietung begonnen, wodurch sich die Fertigstellungen teilweise auch noch nach hinten verschieben können. „Durch Verzögerungen beim Bau kann es gegebenenfalls zu Änderungen bei den zukünftigen Fertigstellungsraten kommen“, ergänzt Nguyen. „In den letzten beiden Jahren beobachten wir verstärkt Verzögerungen am Bau, nicht nur, aber auch durch die Corona-Pandemie, vor allen Dingen aber durch längere Lieferzeiten“, führt der blackolive-Bürovermietungsleiter weiter aus.
Obwohl man angesichts des hohen Leerstands in Frankfurt meinen könnte, dass weitere Projekte dem Markt eher schaden als nützen könnten, sind neue Gebäude unumgänglich, da die Nachfrage sich vor allem auf hochwertige Gebäude konzentriert, auch um Nachhaltigkeitskriterien und ESG-Standards zu erfüllen, dies gilt für Mieter ebenso wie für Eigentümer. Trotz der nach wie vor unsicheren Stimmung sind Eigentümer und Projektentwickler voller Tatendrang, denn auch wenn das klassische Büro nicht mehr so attraktiv ist, wissen sie doch, dass es ein ‚Büro der Zukunft‘ geben wird, welches von Nutzern nachgefragt sein wird. Wie das genau aussieht, ist im Moment stark in der Diskussion.
Ein gutes Jahr unter den gegebenen Umständen
Sah es zu Anfang des vierten Quartals noch so aus, als läge der Flächenumsatz nur leicht über dem des Vorjahres, wurden im letzten Monat des Jahres noch eine Reihe großvolumiger Deals abgeschlossen, sodass am Ende fast 500.000 m² zu Buche standen. Das Vor-Pandemie-Niveau ist damit zwar noch nicht wieder erreicht, aber doch ein recht gutes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass sich die Situation leider nicht wie zu Jahresbeginn noch erhofft deutlich verbessert hatte. Es wurden sogar 135 mehr Transaktionen als im Jahr 2020 gezählt. „Die Nachfrage war in diesem Jahr deutlich stärker als 2020 und nicht jedes Gesuch schlägt sich in einem Mietvertragsabschluss nieder, sondern mündet zum Teil auch in einer Verlängerung“, erklärt Nguyen. Nach blackolive-Recherchen wurden mehr als 300.000 m² prolongiert, was deutlich mehr als in den Vorjahren war.
Die Mietpreise haben ihr hohes Niveau halten können, die Spitzenmiete ist sogar noch leicht gestiegen. Auf Grund weiterer zahlreicher Projektentwicklungen und hochwertiger, sich im Bau befindlicher Objekte ist auch im nächsten Jahr nicht mit einem Mietpreisverfall zu rechnen. Durch den erfolgten Regierungswechsel bleibt abzuwarten, wie sich die wirtschaftliche Situation am Standort Deutschland 2022 entwickelt und natürlich birgt auch der weitere Pandemie-Verlauf Unsicherheiten, aber da flächendeckende Lockdowns eher unwahrscheinlich sind, ist auch im nächsten Jahr von einem Flächenumsatz auf dem Niveau des Jahres 2021 auszugehen. Es befinden sich viele Projekte in der Pipeline, welche auf Grund der sich verändernden Anforderungen an Gebäude und deren Flächen auch auf eine ausreichende Nachfrage treffen werden. Kleinere spekulative Projekte werden nach wie vor gestartet, bei größeren Vorhaben ist eine Vorvermietung erforderlich.
Da Projektentwicklungen eine längere Vorlaufzeit haben, es bei Projekten zu Verzögerungen kommen kann oder das eigene Gebäude saniert wird, sind bisweilen Interimsanmietungen in Bestandsgebäuden notwendig. So geschehen etwa im Falle der BAFA, welche interimsweise eine rund 5.300 m² große Fläche in Sossenheim, bis zu dem Umzug nach Eschborn angemietet hat, und der Interimsanmietung des LBIH für das Gericht in der Hahnstraße 25 und 31-38. „Über 300.000 m² an Großgesuchen werden auch 2022 für Bewegung am Markt sorgen“, fasst Nguyen zusammen.